Cirque du Soleil / Zirkuskunst aus Québec (Kanada) in Europa


Die Kunstform des sogenannten Neuen Circus (französisch = Nouveau Cirque) wurde ursprünglich vor allem in Frankreich und der französischsprachigen Provinz Québec im Osten Kanadas entwickelt, wo auch der weltbekannte Cirque du Soleil seinen Stammsitz hat. Da die Shows des Cirque du Soleil und überhaupt Artistik aus den Schulen in Québec in Europa stark präsent sind, stellen wir die kanadische Region und den "Sonnenzirkus" (= Cirque du Soleil) hier vor. Einen kurzen Vergleich des Nouveau Cirque zum klassischen Zirkus finden Sie auf unserer Seite Vielfältige Zirkuswelt (Rubrik Hintergründe).


Die größte Stadt in Québec ist Montréal - auf einer Insel in den Ausläufern des St.-Lorenz-Stroms gelegen. Sie ist seit den frühen 1980er Jahren ein bedeutendes Zentrum internationaler Zirkuskunst. 1981 wurde in Montréal die École Nationale de Cirque (= Nationale Zirkusschule) gegründet, die sich der Kreation innovativer Nummern verschrieb und heute zu 65% aus Geldern der Provinz Québec und des kanadischen Staates subventioniert wird. 1984 folgte die Gründung des Cirque du Soleil (Link s. unten) durch eine Gruppe ehemaliger Straßenkünstler um Guy Laliberté (geb. 1959). Der "Sonnenzirkus" bekam in seiner Anfangszeit ebenfalls finanzielle Unterstützung durch die Regierung von Québec. 1999 wurde in Montréal eines der weltweit größten Zentren für moderne Zirkuskunst mit dem Namen Tohu (von "Tohuwabohu") als gemeinnützige Einrichtung eröffnet. Im Jahr 2000 verlegte der Cirque du Soleil sein Hauptquartier hierher, 2003 zog die École Nationale de Cirque nach. Absolventen der Zirkusschule werden auf Festivals und in Zirkusprogrammen weltweit engagiert. Gemeinsam mit Schulen anderer Länder - vor allem in Frankreich - haben die Kanadier starken Einfluss auf die Kunstszene des Nouveau Cirque, die im Grunde eine Art Parallelwelt zum klassischen Zirkus darstellt.


Der Cirque du Soleil expandierte zu einem der größten Zirkusunternehmen der Welt - übertroffen vielleicht nur vom russischen Staatszirkus (Rosgoszirk, s. Russland). Trotzdem gab es ab 2013 vorübergehend finanzielle Einbußen, weshalb der Zirkus 2015 mehrheitlich an ein Konsortium von Investmentgruppen unter Führung des US-Risikokapitelfonds TPG Capital und seines chinesischen Partners Fosun Capital verkauft wurde (G. Laliberté behielt einen Mindestanteil von 10%). Es handelt sich seitdem im Prinzip um einen internationalen Konzern. Schon 2011, vor dem Verkauf, lag der geschätzte Jahresumsatz bei 800 Mio. US-Dollar; das Vermögen von G. Laliberté wurde 2010 vom Wirtschaftsmagazin Forbes auf 2,5 Milliarden Dollar geschätzt. Damit rangierte der Cirque-Chef damals unter den 300 reichsten Menschen der Welt. Mit einem Teil des Geldes unterstützt er soziale und Umweltprojekte. Erneut in die Krise geriet das Mammut-Unternehmen in den Jahren der Corona-Pandemie (2020-22); die drohende Insolvenz hat der Konzern aber überstanden. 


Schon 2014 beanspruchte der Cirque du Soleil auf dem Tohu-Gelände in Montréal eine Fläche von 75.000 qm für seine Trainingshallen, Büros, Werkstätten, Studiotheater und Tanzstudios. Im gleichen Jahr arbeiteten dort etwa 2.000 der weltweit rund 5.000 Mitarbeiter (davon ca. 1.000 Artisten). Russische Artisten waren mit 30% zahlenmäßig am stärksten vertreten, etwa 10% stammten aus China. Aktuelle Zahlen liegen uns zzt. nicht vor. Insgesamt werden beim Cirque du Soleil um die 25 Sprachen gesprochen. Jährlich werden mindestens 20 Shows produziert, die auf der ganzen Welt gezeigt werden, viele davon in Deutschland und anderen europäischen Ländern.

Cirque du Soleil

Der Cirque du Soleil gilt international als größte Plattform des Nouveau Cirque, dessen Kunstform sonst eher in kleineren Spielstätten wie Varietés, auf Theaterbühnen oder in kleinen Zelten zelebriert wird. Auch hinsichtlich der Inszenierungen gibt es durchaus Unterschiede zu anderen Nouveau-Cirque-Produktionen. So werden etwa Spitzenartisten (häufig Truppen) engagiert, die auch in klassischen Zirkussen zu Hause sind.  Allen Soleil-Produktionen gemeinsam sind eine theaterhafte Inszenierung mit bisweilen monumentaler Verschmelzung von Licht, Musik, Kostümen und Akrobatik. Einzelne artistische Leistungen treten hinter das Gesamtkunstwerk. Die meisten Shows erzählen eine Art "Märchen" mit einem thematischen Faden. Die Hallenprogramme warten zudem mit multimedialen Effekten auf. Darüber hinaus sind Cirque-Musicals und andere Spezialproduktionen auf Tournee. Mindestens 20 verschiedene Shows touren auf allen Kontinenten - einige in großen Zelten, andere in Hallen und auf Bühnen. Es gibt mehrere feste Spielstätten, z.B. in Las Vegas, Macao und Dubai. An solchen Orten wurden für den Cirque du Soleil eigens große Theater gebaut. - Für alle Soleil-Shows werden Preise auf Musical-Niveau in Kauf genommen. Liebhaber dieser Kunstform schätzen den "Sonnenzirkus" allerdings auch als eine der besten Adressen für Zirkusartistik weltweit. In deutsche Großstädte kommt der Cirque du Soleil im Schnitt alle 3-4 Jahre, abwechselnd mit Hallen- und Zeltshows. - Weitere Informationen über die Gründung und Führung des Unternehmens erhalten Sie in unserem Hintergrundtext oben auf dieser Seite.