Tiere im Zirkus - oder was davon noch übrig ist (Beitrag zur Debatte)
„Mit dem Pferd begann [...] die Geschichte des Zirkus“, stellen Ernst Günther und Dietmar Winkler zu Beginn ihres Standardwerks zur Zirkusgeschichte fest. In der Tat ist der neuzeitliche Zirkus aus der Vorführung von Dressur- und Reitkunststücken mit Pferden hervorgegangen, im 19. Jahrhundert kamen reisende Raubtiermenagerien hinzu. Tiere, zuvorderst Pferde, sind also neben Akrobaten und Clowns ein wesentliches Merkmal des Zirkus und aus einem klassischen Zirkusprogramm nicht wegzudenken. Aus der Dressur von Pferden wurde die Manege in ihrer Rundform und mit ihrem Sägemehlbelag überhaupt erst entwickelt. Deshalb hielt Bernhard Paul, Direktor des Circus Roncalli, bis 2017 an einer Pferdenummer in seinen Programmen fest, bis auch er dem Trend von Gegnern des Traditionszirkus folgte und sich auf den Betrieb eines "Circus-Theater" verlegte. Dabei schloss noch 2019 die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausdrücklich alle Formen von Zirkus mit ein, als sie sagte: "Circus art is a vivid part of Europe's cultural heritage with a history, in all its forms, that spans centuries." Ein älterer Antrag im EU-Parlament, der den Schutz des Tierzirkus als europäisches Kulturgut forderte (2005 eingebracht von Doris Pack, CDU), wurde jedoch trotz damals mehrheitlicher Zustimmung in den meisten Staaten nie umgesetzt.
Wir unterstützen den Zirkus mit Tieren, auch wenn wir Tierhaltung nicht um jeden Preis befürworten. Die öffentliche Debatte um den Tierzirkus verfolgen wir relativ gelassen, sehen uns aber an dieser Stelle genötigt, in der polemisch und unsachlich geführten Debatte Aufklärung zu leisten. Die Fotos auf dieser und den anderen Tierseiten sind überwiegend zwischen 2004 und 2014 entstanden. Inzwischen werden viele der hier abgebildeten Arten nicht mehr gehalten - auch nicht in den Zirkussen, wo wir sie fotografiert haben. Mit den Fotos soll aber nach wie vor gezeigt werden, auf welchem Niveau Tierhaltung im Zirkus schon vor der Verschärfung des Anti-Trends praktiziert wurde. Dazu dient auch folgendes Video mit einem Interview im deutschen Circus Probst.
Video: Interview zur Tierhaltung im Circus Probst (2014)
Lancierter Anti-Trend durch Zirkusgegner (FAZ 2015: "Vernichtungskampagne")
Obwohl der Circus Ronalli - seit 2017 ohne Tiere - schon vorher lange nur noch Pferde im Programm hatte (s.o.), stellte ein Kommentator in der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung (FAZ) am 2. Oktober 2015 fest: „Doch auch dieses Unternehmen [Roncalli] leidet unter der Vernichtungskampagne, die schlagkräftige
Spendensammelorganisationen unter dem Vorwand des Tierschutzes seit Jahren betreiben. Roncalli lässt zwar keine Wildtiere, sondern nur Pferde und Hunde auftreten. Aber schon deswegen muss das
Unternehmen sich gegenüber Politikern rechtfertigen, die sich den Erpressungen der Anti-Zirkus-Lobby beugen, weil sie meinen, diese verkörpere eine Volksstimmung. Und in der Öffentlichkeit wird
ohnehin nicht unterschieden, ob ein Zirkus Wildtiere vorführt oder nicht. Alle verfallen dem Verdikt ‚Tierquäler‘.“ Weiter heißt es in den Artikel noch: „Das Volk, wenn es denn noch in den Zirkus geht, ist aber begeistert vom Flair des Zirkus und dem Können der Artisten“ ... und der Tiere, müsste man hier ergänzen,
denn bis heute erlebe ich Zirkusprogramme mit großem Applaus für Tiernummern. Der Journalist der FAZ bringt den Kern der Problematik so deutlich auf den Punkt, dass ich es nicht besser
formulieren könnte.
Bild oben: Durch die Bewegung verwackelt, aber gerade dadurch im Temperament erkennbar: traditionelle Ungarische Post im Circus Probst. Dabei werden von einem/r stehenden Reiter/in Pferde an langen Zügeln gehalten.
Bilder oben- 1: "Appell" (Aufreihung) in einer klassischen Pferdefreiheit im Circus Krone. - 2: Stallbox mit Pferd im Schweizer Circus Knie. - Pferde im Circus Krone (3) und Zirkus Charles Knie (4) werden zum Auftritt und zur Hufpflege geführt.
Der vermeintlich demokratische, in Wahrheit gesteuerte Trend gegen den Tierzirkus beschäftigt reisende Zirkusunternehmen ebenso wie Freunde des klassischen Zirkus. Finanzkräftige Tierrechtsorganisationen (bedeutendste internationale Gruppe: PETA) und Veganerverbände, inzwischen aber auch angestammte Tierschutzvereine machen geschickt und flächendeckend gegen den Zirkus mobil und erwecken so den Eindruck, dass eine Mehrheit der Bevölkerung keine Tiere im Zirkus sehen will. Inzwischen haben sie erreicht, dass durch ständige Negativberichte in den Medien tatsächlich immer weniger Leute in den klassischen Zirkus kommen - wobei der Traditionszirkus zumindest zur Weihnachtszeit in Deutschland weiter Hochkonjunktur hat (s. Weihnachtszirkusse in unserer Rubrik Zirkus in Deutschland). Wenn in jüngster Zeit - entgegen früherer Umfragen - die Ergebnisse von Meinungsumfragen teilweise gegen den Tierzirkus ausfallen, muss man neben der bereits erwähnten Beeinflussung durch Negativschlagzeilen auch berücksichtigen, dass sich Tierrechtler oft gezielt verabreden, um in großer Zahl an solchen Umfragen teilzunehmen. Viele andere Leute interessiert das Thema auf politischer Ebene höchstens am Rande.
Bilder oben - 1: Reiten für Kinder in der Pause oder nach der Vorstellung wird seit je her gern angenommen, wie hier im Circus Berolina. - 2: Traditionelle Zirkusse wie Berolina setzen aufgrund der politischen Kampagnen gegen Tierzirkusse auf starke Pferde- und Reiter-Darbietungen. Aber auch Nummern wie die Raubtiere im Circus Krone (3) bekommen viel Applaus.
Bilder - 1 +2: Für Auslauf der Tiere müssen gute Zirkusplätze zur Verfügung stehen, wie hier im dänischen Sönderborg beim Cirkus Arena für Elefanten und Pferde der Familie Casselly. - 3: Täglicher Umgang mit Menschen: Kamele im früheren Circus Barum. - 4: Fellpflege bei einem Pferd im früheren ostdeutschen Zirkus Probst.
Flächendeckende Tierverbote in Europa - Haustiere auch in Zukunft?
Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland – wie in vielen anderen europäischen Staaten – ein gesetzliches Verbot von sogenannten „Wildtieren“ in reisenden Zirkussen kommt. (Vielleicht ist dies schon der Fall, bevor dieser Text überarbeitet wird.) Solange es kein einheitliches Bundesgesetz gibt, ist für die Zirkusse entscheidend, wie die Stadträte zu den Gastspielen traditioneller Tierzirkusse stehen, sind doch die Kommunen ihre unmittelbaren Gastgeber. Diverse deutsche Städte verbieten Auftritte bestimmter Tierarten oder ganzer Zirkusse. Immer wieder kommt es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, die häufig im Sinne der Zirkusse entschieden werden (die Zirkusse klagen sich sozusagen ein). Ein Verwaltungsgericht hat 2016/17 im Sinne der Zirkusse entschieden, dass solche kommunalen Verbote rechtswidrig seien. Trotzdem kommen Verbote weiterhin vor! Mit der juristischen Prüfung befasst sich ferner der Berufsverband der Tierlehrer e. V. Die EU und die European Circus Association (ECA) führen juristische Auseinandersetzungen darüber, ob ein Alleingang europäischer Staaten im Sinne des geltenden Europarechts ist. In Deutschland ist inzwischen ein „Flickenteppich“ von Städten entstanden, die Gastspiele traditioneller Zirkusse entweder genehmigen oder nicht. Meistens geht die Initiative von Lokalpolitikern aus und wird von der Bevölkerung nicht mehrheitlich vertreten; seltener gibt es aber auch Fälle, in denen Bürgerinitiativen gegen Tierzirkus sich an die Lokalpolitik wenden. In allen größeren politischen Parteien gibt es sowohl Freunde als auch Gegner des klassischen Zirkus, wobei es heute in den Parteien des linken Spektrums (allen voran natürlich bei den Grünen) besonders viele Stimmen gegen Zirkustiere gibt. Dies erwähne ich hier losgelöst von eigenen politischen Präferenzen.
Aktionen der Zirkusgegner
Seit langem veranstalten Tierrechtler Demonstrationen vor den Kassen und Zelten der reisenden Zirkusse. Die Aktivisten verteilen zirkuskritische Flyer an die ankommenden Besucher, um diese vom Kauf einer Eintrittskarte abzuhalten. Mit Transparenten, Geschrei und lautstarken Megaphon-Durchsagen wollen sie auf angeblich horrende Missstände in der Tierhaltung aufmerksam machen. Selbst in Schulen nehmen Tierrechtler mit Aktionen Einfluss auf Kinder und Jugendliche, um diese von Zirkusbesuchen abzuhalten.
Außerparlamentarische Teile der Tierrechtsgruppen schrecken manchmal vor kriminellen Aktionen nicht zurück. Immer wieder zerstören fanatische Zirkusgegner Werbeplakate von Wanderzirkussen, überkleben sie mit Anti-Slogans wie „Wegen Depression der Tiere fällt die Vorstellung aus“ oder beschädigen Wohn- und Materialwagen. Ebenso ist es schon zu Störaktionen während laufender Vorstellungen gekommen, z.B. indem Aktivisten lautstark ins Zelt drangen und Artisten irritierten oder indem sie per Lichtprojektor große Slogans auf das Zeltdach des Zirkus projizierten. Auch wurden schon Tiere aus Stallzelten freigelassen, sodass orientierungslose Lamas und Kamele den Straßenverkehr gefährdeten. In England wurde vor vielen Jahren gar der Direktor eines angesehenen Tierzirkus von einem Auto angefahren.
Bilder: Demonstrationen von Tierrechtlern vor dem Circus Krone auf dem Hamburger Heiligengeistfeld (1+2) und vor dem Circus Probst am Schwarzenbergplatz in Hamburg-Harburg (3). Die Anti-Krone-Demo 2018 (Bild 2) setzte manchen Zirkus-besuchern zu, die von der U-Bahn (hinten links) kommend durch einen Korridor schreiender Demonstranten mussten.
Tierzirkus in den Medien
Für die Tierrechtler und manche Politiker sind Zirkusse willkommene Opfer, weil die Branche kaum eine öffentliche Lobby hat und man daher öffentlichkeitswirksam gegen sie vorgehen kann. Die
Manipulation macht freilich auch vor dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht halt. Formate zur Übertragung klassischer Zirkusshows wurden schon vor vielen Jahren eingestellt. Vom
Circusfestival in Monte Carlo wird ein verkürzter Zusammenschnitt ausgestrahlt, bei dem Nummern mit „Wildtieren“ rausgeschnitten werden, selbst wenn sie zu den höchsten Preisgewinnern des
Festivals gehören. Eine derartige Zensur ist im Grunde unfassbar. In Lokalzeitungen und einigen überregionalen Blättern ist die Berichterstattung teilweise wieder etwas positiver gegenüber den
Zirkussen geworden.
Es soll und darf nicht verschwiegen werden, dass manche Zirkusse mit begründeten Negativschlagzeilen von sich reden machen. Hin und wieder kommt es zu Skandalen um verendete oder aggressive Tiere oder andere kriminelle Begebenheiten in Zirkusfamilien, die sich in den Medien natürlich wie Lauffeuer verbreiten. Auch bettelnde Vertreter kleiner Familienzirkusse tragen nicht zum gesunden Image der Branche bei. Doch muss davor gewarnt werden, dies pauschal auf die ganze Zirkus-Szene zu übertragen.
Leitlinien und Kontrollen der Zirkustierhaltung
Die regelmäßigen, gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollen durch Amtstierärzte in den wechselnden Gastspielorten (die im Zirkus so häufig und genau durchgeführt werden wie in kaum einem anderen Bereich!) bescheinigen den deutschen Zirkussen seit langem eine gute Tierhaltung. In großen Unternehmen wie Krone oder Charles Knie können sich die Besucher selbst ein Bild davon machen; diese Zirkusse bieten täglich geöffnete, preisgünstige Tierschauen. Schon als Laie erkennen wir das Wohl- oder Missbefinden eines Tieres, etwa am körperlichen Zustand (Fell, Ernährung) oder an seinem Verhalten. Die "Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen", die vom Bundeslandwirtschaftsministerium mit Hilfe einer Expertenkommission erstellt wurden, setzen den rechtlichen Rahmen mit Mindestanforderungen für die Tierhaltung. Diese werden von manchen reisenden Zirkussen sogar übertroffen. Durch ein Zentralregister, in dem alle Tiere mit Daten und Namen erfasst sind, könnten Kontrollen noch effektiver durchgeführt werden. Ein solches Register existiert, wird aber nicht konsequent angewendet. Dies hielten wir für sinnvoller als pauschale Verbote.
Tierhaltung heute
Huftieren und Raubtieren werden in deutschen
Zirkussen Freigehege oder Paddocks zur Verfügung gestellt, die zusätzlich zu den Ställen und Käfigwagen genutzt werden können. Tiger haben Bademöglichkeiten und Kratzbäume, Huftiere können sich
frei bewegen und zwischen Stallzelt und Freigehege wechseln. Zoologische Gärten bekommen viel Unterstützung durch öffentliche Gelder und können aufgrund des vorhandenen Platzes und der
stationären Verortung wahre Miniatur-Landschaften für ihre Tiere einrichten, was einem Zirkus allein aufgrund des Reisebetriebs natürlich nicht möglich ist. Den Zirkussen werden inzwischen aber
auch immer weniger geeignete Plätze zur Verfügung gestellt. Der Aufwand, den große Zirkusse heutzutage für ihre Tierhaltung betreiben, ist angesichts dessen beachtlich.
Bilder - 1: Löwengehege im Circus Krone. - 2+3: Geräumige Ausläufe für verschiedene Tierarten im Zirkus Charles Knie. - 4: Ein Auslaufmodell sind einzeln gehaltene Nashörner. Der zutrauliche Bulle "Tsavo" lebt seit seiner Kindheit im Zirkus und kam vom früheren Circus Barum (Bild) zum Circus Krone. Der C. Krone engagiert sich seitdem für den Nashornschutz.
Lebensraum Zirkus (und Zoo)
In menschlichem Gewahrsam müssen Tiere nicht nach Futter suchen. Fressfeinde und Witterungsbedingungen, denen sie in freier Wildbahn schutzlos ausgeliefert sind, stellen in Zoos, Zirkussen und Safariparks keine Bedrohung dar. Krankheiten werden ärztlich behandelt. Daraus resultiert eine deutlich höhere Lebenserwartung bei Zoo- und Zirkustieren im Vergleich zu Wildtieren. Insofern wirken sich die Lebensumstände, die vielleicht im natürlichen Sinne „nicht artgerecht“ sind, zumindest nicht negativ aus und schaffen mindestens eine Art Ausgleich zu dem (vom Tier wohl kaum erahnten) Verzicht auf das natürliche Biotop. In „Gefangenschaft“ kann man Tiere ohnehin niemals so halten, dass ihr natürliches Biotop 1:1 imitiert wird. Entscheidend für eine „artgerechte“ Haltung ist das Angebot, das ich dem Tier ersatzweise zur Verfügung stelle. Ausschlaggebend dabei ist die Berücksichtigung der wichtigsten arttypischen Bedürfnisse. Ein Tier unterscheidet kaum, ob die Begrenzung seines Reviers aus einem Wassergraben oder einem Metallgitterbesteht - letzteres kann bei Affen oder Papageien sogar sinnvoll sein. Und ob ein Wasserbassin von Felsblöcken umrahmt oder eben „nur“ in Form einer quadratischen Vertiefung in den Boden eines Zirkuswagens eingelassen ist, dürfte einen Tiger beim Baden kaum interessieren. Die entscheidende Rolle spielt das Vorhandensein solcher Reize.
Bilder: Zwar wirken Robbenanlagen mit Felskulisse, wie hier im Tierpark Hagenbeck (1), meist ansprechender für unser Auge als die mobilen Zirkus-Bassins. Wenn diese geräumig genug sind (2+3), ist die Haltung aber völlig vergleichbar. Sogar Jungtiere sind im Zirkus mitunter schon geboren worden (wie in Bild 4 im ehemaligen Circus Fliegenpilz).
Der Käfig /das Gehege wird vom Tier als Habitat (= Lebensraum) betrachtet. Immer wieder gibt es Berichte über entlaufene Zirkustiere, die freiwillig in den Stall oder Transportwagen zurückkehren. Ich selbst habe schon freilaufende Tiere auf dem Zirkusgelände beobachtet, die sich nie weit von ihrem Wagen entfernten (s. auch Bilder auf dieser Seite). Die heute in Zirkussen lebenden Tiere stammen wie die meisten Zootiere überwiegend aus Nachzuchten in Menschenhand. Sie sind von klein auf an den Menschen gewöhnt und könnten in der Natur meist nicht überleben, weil die dafür notwendigen Instinkte bei ihnen nicht genügend ausgeprägt sind. Viele Arten (Kamele, Rinder) sind in ihren Herkunftsländern seit Jahrhunderten domestiziert und sollten als Haustiere gelten. Selbst Indische Elefanten werden in ihrer Heimat als Nutztiere eingesetzt.
Bilder: Die Löwen von Martin Lacey Jr. (1) bevorzugen phasenweise den Käfigwagen vor dem gut strukturierten Außengehege. Die Tauben im Zirkus Charles Knie (2) blieben in der Nähe ihres Transportwagens, ebenso das Äffchen im Circus Europa (3) und die freilaufenden Seelöwen der Familie Duss (4). So sehr sind Zoo- und Zirkustiere an ihre Umgebung gewöhnt.
Artgenossen und Menschen als Sozialpartner
Grundsätzlich sollten Tiere nicht einzeln gehalten werden, sondern paarweise oder in Gruppen, die den Sozialverbänden in freier Wildbahn entsprechen. Einige Großsäuger wie Nashörner oder Elefantenbullen können bzw. müssen vorübergehend einzeln gehalten werden, weil sie auch in der Natur phasenweise als Einzelgänger leben und andernfalls aggressiv würden. Die Zoos haben sich in modernen Anlagen auf die Haltung von Zuchtgruppen spezialisiert. Freilich ist die Zucht bestimmter Arten im Zirkus schwierig bis unmöglich. Deshalb macht die Konzentration auf einige bestimmte Tierarten in Zirkusbetrieben Sinn. Vergleichen Sie hierzu auch unsere Seite zur "Haltung verschiedener Tierarten" (Menü links).
Zu den Artgenossen tritt im Zirkus der Mensch als Sozialpartner. Dresseure, Tierpfleger und Stallburschen kümmern sich täglich um ihre Schützlinge. Durch die Dressur und den Ortswechsel erfahren Zirkustiere eine willkommene Abwechslung. Diesen Vorteil haben Zootiere nicht ohne weiteres. Die Tiergärten entwickeln aus diesem Grund kreative Möglichkeiten der Beschäftigungstherapie und setzen ihrerseits teilweise auf Dressuren. Das tägliche Training bietet den Tieren Beschäftigung und körperliche Anreize. Die Transporte der Zirkustiere zwischen den Gastspielorten sollten indes möglichst kurz gehalten werden.
Der wissenschaftlich-pädagogische Aspekt
Nicht zuletzt stellt der wissenschaftliche und pädagogische Aspekt der Tierhaltung heute mehr denn je einen wichtigen Auftrag, ersterer vor allem an die Zoos, letzterer aber auch an die Zirkusse. Der Kontakt mit Tieren bewirkt erwiesenermaßen eine erhöhte Sensibilität für deren Erhaltung in freier Wildbahn. Nicht nur populäre Tierschützer früherer Generationen wie Bernhard Grzimek oder Heinz Sielmann, sondern auch etliche heutige Experten sehen die Haltung von Tieren in Menschenobhut nicht im Widerspruch zum Artenschutz. Tierarten, die in der Natur vom Aussterben bedroht sind, können mitunter nur durch Nachzuchten erhalten werden. Die dringlichsten Aufgabenfelder des Tierschutzes liegen heute (neben einigen Missständen in der Massentierhaltung) in der Zerstörung natürlicher Lebensräume. Manche Tierarten werden wir in Zukunft vielleicht höchstens noch in Zoos oder Zirkussen bewundern können.